Missbrauch: Unabh?ngige Kommission kritisiert Bisch?fe
Die angekündigten Maßnahmen der deutschen Bischöfe als Reaktion auf die MHG-Studie zeuge nicht von der gebührenden Übernahme von Verantwortung von Seiten der Kirche. Vor allem den von sexueller Gewalt betroffenen Menschen werde erneut viel Geduld abverlangt. ?Die vage Erklärung wird dem in der Studie aufgedeckten Ausmaß sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen und den Dimensionen des Vertuschens innerhalb der katholischen Kirche nicht gerecht,“ fasst die Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs zusammen. Die Erklärung wirke halbherzig. Der von Kardinal Marx angekündigte Wendepunkt im Umgang der katholischen Kirche mit Fällen sexuellen Kindesmissbrauchs werde daraus nicht ersichtlich.
Klärungsbedarf bei ?Selbstherrlichkeit von Amtsträgern der Kirche“
Von der Überwindung der ?Selbstherrlichkeit von Amtsträgern der Kirche“, wie die Erklärung der Bischöfe am Ende verspricht, sind die angekündigten Schritte noch weit entfernt. Hier sieht die Kommission raschen Klärungsbedarf.
Kirche hat die von der Gesellschaft übertragene Verantwortung zu stemmen
Die Kommission wendet sich an die Deutsche Bischofskonferenz mit der Feststellung, dass die Kirche in Deutschland wichtige Aufgaben der Erziehung, Bildung und Betreuung von Heranwachsenden übernehme. Die Verantwortung für diese werde der Kirche von der Gesellschaft übertragen. Deshalb habe die Gesellschaft auch das Recht auf konkrete Informationen über den Umgang der Kirche mit Betroffenen, über die unabhängige Aufarbeitung der Kirche von Missbrauch an Minderjährigen, über die Auseinandersetzung mit täterschützenden Machtstrukturen innerhalb der Kirche und über die Haltung der Kirche zu Sexualität und Klerikalismus.
Fragen der Kommission an die Bischöfe
Ein umfangreicher Fragenkatalog wurde aus Antwort auf die Erklärung der Bischöfe erstellt. Die Kommission konfrontiert die Bischöfe unter anderem mit folgenden Fragen: Wie wird ein respektvoller, achtsamer, transparenter und partizipativer Umgang mit Betroffenen jetzt gestaltet? - Welche Vorstellungen gibt es über Höhe und Modalitäten von finanziellen Leistungen an Betroffene und wie soll das Verfahren zur konkreten Anerkennung des Unrechts aussehen? Welche Qualitätsstandards werden an Anlaufstellen für betroffene Menschen angelegt und mit welchen finanziellen und personellen Ressourcen werden sie ausgestattet?
Unabhängige Aufarbeitung
Weiters wirft die Kommission die Frage auf, mit welchen Verfahren jetzt sichergestellt werde, dass sämtliche Bistümer eine unabhängige Aufarbeitung auf den Weg bringen und nach welchen verbindlichen Standards die Aufarbeitung erfolge. Wie wollen die Bischöfe Aufarbeitungsgegner in den eigenen Reihen überzeugen? - Werden Betroffene in die anstehenden Aufarbeitungsprozesse einbezogen? - Ist in der katholischen Kirche in Deutschland die Aufarbeitung in den Orden vorgesehen? - Wie werden weitere Defizite der Studie (z.B. kein uneingeschränkter Zugang zu den Archiven, Frauen als Täterinnen) bei der Aufarbeitung berücksichtigt?
Überwindung täterschützender und kinderfeindlicher Machtstrukturen
Wie solle die Klärung über jene Kleriker erfolgen, die ?über die Täter hinaus institutionell Verantwortung für das Missbrauchsgeschehen in unserer Kirche getragen“ haben, zum Beispiel, indem sie die Straftaten vertuscht haben? - Wann werde konkret damit begonnen, strukturelle Veränderungen, die als täterschützend identifiziert wurden, umzusetzen und wer wird daran beteiligt werden?
Haltung zu Sexualität und Klerikalismus
Es sei nachvollziehbar, so die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs, dass einige in der Studie aufgeworfene Fragen bezüglich der zölibatären Lebensform und des Umgangs mit Sexualität sowie nach dem Beichtgeheimnis Zeit benötigten. Aber welche mittelfristigen Ziele wollen sich die Bischöfe setzen? Welchen Kreis von Externen wollen sie einbeziehen? - Wie zeigt sich die Bereitschaft bei den Verantwortlichen der Kirche, Macht abzugeben, um ?ein neues Miteinander in der Kirche“ realisieren zu können?
Mehr Dialog ist gefordert
Die Kommission ist bereit, mit der katholischen Kirche zu den gestellten Fragen und einer umfassenden Aufarbeitung in den Dialog zu treten. Die Kommission hat mit vielen Betroffenen gesprochen. Diese erwarteten Gerechtigkeit, und dazu müsse die katholische Kirche nach wie vor einen wesentlichen Beitrag leisten. Die Kommission pflegt auch Kontakt zu vielen Menschen, die innerhalb der Kirche im Sinne der Betroffenen für unabhängige Aufarbeitung und Kinderschutz etwas bewegen wollen. Diese Stimmen sollten nun endlich gehört werden, und das Engagement der Betroffenen sollte gestärkt werden, so die Forderung der Kommission.
(pm – hoe)
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