Medienprofi: Nicht jeder Priester muss twittern
Pope: Die katholische Medienarbeit in der heutigen Zeit hat viele Herausforderungen. Die katholische Kirche ist gerade in der westlichen Gesellschaft durch die Säkularisierung immer mehr in Bedrängnis. Vieles also, was bisher selbstverständlich war, in der Kommunikation ist vielleicht doch nicht mehr so selbstverständlich. Wie sehen Sie die derzeitigen Herausforderungen für die katholischen Medien und die katholische Kommunikation?
Paul Wuthe: Die größte Veränderung derzeit passiert auf technischem Gebiet. Fast jeder in der Welt, egal ob in Europa oder im Süden Afrikas trägt ein Handy mit sich, das mehr und mehr das Leben bestimmt.
Wir leben nicht mehr nur mit Medien, sondern in Medien. Das heißt, dass die Medienarbeit immer darauf abstellen muss, dass man empfangsbereit ist, das heißt es müssen Inhalte sein, sie müssen in Formaten dargestellt werden, die auch über das Handy – Handys mit Internet empfangbar sind. Und da wird deutlich, dass die Kirche - so wie jede Institution - vor einem großen Lernprozess steht, weil nicht nur die Mediennutzungsgewohnheiten sich ändern, sondern auch die Sprache ändert sich.
Kommunikationswandel auch Thema der Jugendsynode im Herbst
Besonders wenn man auf Jugendliche schaut, das ist ja auch Thema der Jugendsynode, so merkt man, dass es doch einen dramatischen Wandel im Kommunikationsverhalten von jungen Menschen gibt. Das hat man auch in einer großen, weltweiten Studie untersucht. Man hat Jugendliche im Alter zwischen 18 und 25 Jahren befragt und geschaut: Was posten sie selbst - auf Facebook auf Instagram, wonach suchen sie und hat dabei festgestellt, dass es sehr viel um das Thema Unterhaltung geht.
Jugendliche suchen: Unterhaltung – Marken - Spaß
Sie suchen also Musik oder Videos – das ist glaube ich nicht neu – das hat man auch vor 30 und vor 50 Jahren gemacht. Was neu ist, das ist, dass ich sehr viele Jugendliche über Marken definieren oder sich daran orientieren. Hier sieht man schon, dass wir in einer sehr stark ökonomisierten Welt sind, wobei auch hier die Frage erlaubt sein muss, was steht hinter der Marke, was transportiert eine Marke.
Das heißt genau hin zu schauen, welche Sehnsüchte auch im Sinne von Sinnsuche werden hier angesprochen. Das ist lohnend, wenn man so kommunizieren will, dass man eben verstanden wird. Das Dritte, was auch durchgängig bei allen Jugendlichen weltweit feststellbar war, dass die Dinge auch Spaß machen müssen. Auch das ist grundsätzlich etwas Positives – und sollte man sich in kirchlicher Kommunikation zu Herzen nehmen.
Es muss eine Kommunikation sein, die den Menschen aufbaut , die Sinn vermittelt und wenn das Ganze auch mit Freude, Lebensfreunde kombiniert ist, dann ist der inhaltliche Mix schon einmal sehr gut.
Pope: Was heißt das konkret – auch für die alten Nachrichtenagenturen? Bisherige Kommunikation über Bord werfen und eine Spaßkommunikation einführen – gerade bei Jugendlichen – was muss kommen?
Paul Wuhte: Das Wort, der Text hat nach wie vor eine grundlegende Bedeutung. Man darf sich aber nicht darauf verlassen, dass lange Texte gelesen werden. Sondern die Inhalte, die interessant sind, die auch lebensfördernd sind, die einen Nutzen für das eigene Leben haben, die müssen dann auf die verschiedenen Formate und auch auf die verschiedenen Zielgruppen hin abgestimmt werden.
Text bleibt wichtig – Sprache auf Social Media anpassen
Also der Text bleibt wichtig in jenen Ländern wo die katholische Kirche auch Nachrichtenagenturen betreibt im klassischen Sinn. Es zeigt sich, das ist ein erfolgreiches Modell, wenn es in der Medienlandschaft auch akzeptiert ist. Aber wir dürfen uns nicht damit begnügen einen wertvollen Inhalt zu erarbeiten, sondern müssen ihn auch vermitteln. Und hier geht es einfach darum die Sprache, die auf den verschiedenen Sozialen Medien verwendet wird, auch entsprechend anzupassen. Eine Twitterbotschaft ist etwas anderes als eine Presseaussendung und ein Facebookeintrag ist wieder etwas anderes als das Posten eines Bildes auf Instagram.
Bilder für die Glaubensverkündigung
Interessant ist: neben dem Text, bekommt das Bild einer immer größere Bedeutung, das hat durchaus den Vorteil, dass ein gutes Bild nicht nur emotionalisiert, sondern ein gutes Bild informiert auch, und ein gutes Bild überwindet Sprachgrenzen automatisch. Es ist grenzenlos. Gerade die katholische Kirche mit ihrer reichen christlichen Kunst wo das Bild eine sehr bedeutsame Rolle spielt auch in der Glaubensverkündigung hat hier eine Chance, die wahrscheinlich noch gar nicht wahrgenommen wurde. Man kann sagen, dass die christliche Kunst so etwas ähnliches wie ein Selfie des christlichen Glaubens ist.
Franziskus und Bilder: Kraft, Originalität, Authentizität
Dessen müssen wir uns noch stärker bewusst werden. Und mit Blick auf Papst Franziskus sieht man ja auch, dass er die Kraft hat und auch die Originalität und auch die Authentizität hat Bilder zu vermitteln, über die er ganz zentrale Botschaften des Glaubens vermitteln kann. Für mich zum Beispiel sehr berührend und ein Paradebeispiel ist, wenn der Papsts am Gründonnerstag einer Muslima die Füße wäscht. Dann ist dieses Bild so stark, dass es nicht mehr erklärt werden muss, es wirkt aus sich heraus. Es provoziert auch, das heißt aber es fordert heraus, es lässt einen nicht kalt. Es emotionalisiert und es öffnet neue Horizonte.
Pope: Ist denn eine Medienerziehung für Bischöfe und Priester notwendig?
Braucht der Klerus dann generell Medienfortbildungen?
Paul Wuthe: Also ich sehe unter Bischöfen und insgesamt innerhalb der Kirche schon die Erkenntnis, da ist etwas Neues, wo wir als Bischöfe, als Priester einmal hinschauen und hinhören müssen, was Jugendliche tun, was sie besser können als wir, weil sie eben in diesen neuen Medien sich ganz natürlich verhalten und diese ein Teil von ihnen sind.
Der erste Schritt ist der wohlwollende Blick und die Bereitschaft zu lernen. Wenn ich die Texte zur bevorstehenden Jugendsynode lese, dann merke ich diese Grundhaltung: Ja, wir wollen auf die Jugend hören einmal im Sinne eines Hin-Hörens. Das ist das Wichtigste. Das Zweite ist: Ich glaube nicht, dass jeder Bischof, jeder Religionslehrer jeder Pastoralassistent oder Priester jetzt einen Twitteraccount oder Instagram und Facebook betreiben muss. Es ist wichtiger das zu tun, was seine Kernaufgabe ist.
Die Kirche soll verkündigen – die Jugend soll posten
Er soll ein Seelsorger sein, ein Wegbegleiter, ein Geistlicher – und im Idealfall hat er in seinem Kontakt mit Jugendlichen genau jene Jugendliche, die dann sagen: Mein Priester hat mir das und das gesagt – oder ich habe das und das erlebt, und die posten das dann wieder in ihrer Whats App-Gruppe oder machen für Instagram ein Bild von einem gemeinsamen Erlebnis, das Menschen auch verstehen, die nicht dabei waren. Das heißt, man darf auch darauf vertrauen, dass, wenn die Kirche das tut, was ihr Auftrag ist, nämlich das Wort Gottes so zu leben, dass es anziehend ist, es zu verkündigen, dass das dann auch durch junge Menschen in ihrer Lebenswelt und das ist eben eine Lebenswelt mit Sozialen Medien – auch weitertransportiert wird. Also es geht auch um Inspiration, damit die Botschaft dann von selbst weiter geht und es geht auch um Ermächtigung, dass man auch sagt: Wir wollen das! Ich muss das nicht selbst machen als Pfarrer, aber ich kann jene in meiner Pfarrei ermutigen: Ja wenn Dir die Predigt gefallen hat, warum postest Du dann nicht den Satz oder machst ein Bild von etwas, was Dich selbst berührt hat.
(vatican news - ck)
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