Ratzinger-Preisträgerin: Frauen brauchen „Diakonie des Wortes“
Gudrun Sailer - Cittá del Vaticano
Pelletier hatte am 10. Oktober am Centre Sèvres, der privaten Jesuiten-Universität in Paris, zum Thema „Die Frauen, Zukunft der Kirche“ gesprochen. Dabei forderte Pelletier einen Dialog auf gleicher Höhe zwischen Männern und Frauen in der Kirche und Zugang der Frauen zur „Diakonie des Wortes“.
„Gewiss, die Frauen sind in das Feld des lehramtlichen Wortes eingetreten, aber einmal mehr in der gefährlichen Position der dritten Person“, so Pelletier. „In Wirklichkeit ist das eine alte Tradition, die nur mit frischer Farbe präsentiert wird. Das wird auch deutlich, wenn es darum geht, die Weiblichkeit der Kirche zu feiern, ihren marianischen Charakter, ihr bräutliches Wesen. Oder wenn von einer versöhnenden Komplementarität die Rede ist, im Rahmen einer Kirchlichkeit, die zwei Pole ausdeutet, den petrianischen und den marianischen, um somit dem Weiblichen einen privilegierten Ort zu geben – doch das geschieht auf eine Weise, die spekulativ und abstrakt bleibt.“
Adam macht den Mund auf und spricht: über Eva, nicht zu Eva
Als Biblistin ging Pelletier in ihrem Vortrag von der Szene der Genesis aus, in der der Mensch nach der Schöpfung der Frau sagt: „Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch.“ (Gen 2,23). Diesem anerkennenden Wort fehle freilich das Beziehungshafte, der Mensch spricht von sich selbst als „Ich“, während die Frau in der dritten Person bleibt, die in der Sprachwissenschaft als „Nicht-Person“ gilt.
Zwar habe Papst Johannes Paul II. und vor ihm bereits Paul VI. die Frauen in Botschaften direkt angesprochen, fuhr Pelletier fort. „Dennoch wagen wir zu sagen, dass viele dieser Reden, eben indem sie sich ins Register des Sublimen einfügten, doch wieder nur in das Schema der ,gesprochenen Frauen´ verfielen. … Denn eine Frau, deren Ausnahme-Singularität allzu sehr zelebriert wird, ist wiederum eine Frau, die auf Abstand gehalten wird. Und in Wirklichkeit aus dem Raum herausgehalten wird, in dem die ernsten Fragen verhandelt werden, jene Fragen, die die Entscheidungen und die Effektivität der Macht betreffen.“ So habe dieses wohlwollende Feiern des Weiblichen die Frau letztlich zurückverwiesen auf männliche Vorstellungen, „die auf die eine oder andere Art die Strukturen der Autorität und der Leitung stützen“. Heute hingegen gehe es darum, „dass die Frauen in der Kirche am Wort teilhaben“, erklärte die Theologin.
Heute erforderlich: „dass die Frauen in der Kirche am Wort teilhaben"
Man müsse da präzise sein, es gehe nicht um ein „Sich-Nehmen“, wie die Bastille „genommen“ worden sei, aber auch nicht darum, den Frauen das Wort zu „geben“ nach Art eines Entgegenkommens. Gefordert sei vielmehr eine „Inter-Lokution“ der Frauen mit den Männern, ein Gespräch auf gleicher Ebene. Das Wort der Frauen „muss das Gehege verlassen, in das es verwiesen worden war, und eintreten in das Feld des Zuhörens und des Austauschs“, so die Theologin. Sie verwies auf das alttestamentarische Beispiel des Austausches zwischen König Salomo und der Königin von Saba (1 Kön 1-13), „das Schema einer wirklichen Begegnung zwischen einem Mann und einer Frau“. Das Thema dieser Begegnung ist Weisheit, „und auf dieser Höhe werden Männer und Frauen in der Kirche heute erwartet. Das ist die Höhe der Diakonie des Wortes. Wir wissen sehr gut, dass die Frauen heute von dieser Diakonie noch sorgfältig ausgeschlossen sind. Wir zelebrieren Maria Magdalena, die wir , aber in der Praxis ist es nicht so. Oder, genauer gesagt, die Frauen sind ganz vorne in dieser Diakonie des Lebens der Kirche, aber noch weit entfernt von ihrer institutionellen Anerkennung.“
Anne-Marie Pelletier 2014 als erste Frau den Ratzingerpreis für Theologie. 2017 sie auf Einladung von Papst Franziskus die Meditationen für den päpstlichen Kreuzweg am römischen Kolosseum.
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